Die 20-Stunden-Woche

Pro-und-Kontra-Diskussion um ein alternatives Arbeitsmodell

Diese Methode eignet sich zur Beschäftigung mit dem Thema Arbeit aus wachstumskritischer Perspektive. Die Teilnehmer_innen beschäftigen sich mit dem Modell einer auf 20 Wochenstunden verkürzten Lohnarbeitszeit, wie es Niko Paech für eine sozial-ökologische Wirtschaft entworfen hat. Anschließend wird das Modell in einer Pro-und-Kontra-Diskussion von den Teilnehmenden diskutiert, um Stärken und kritische Aspekte herauszuarbeiten. Die Teilnehmer_innen erweitern so ihre Vorstellungen davon, wie Arbeit in einer Gesellschaft organisiert sein kann.

Arbeitsmaterial zum Download:
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Hintergrund

Eine sozial-ökologische Wirtschaftswende erfordert auch eine Umgestaltung unseres Arbeitslebens, denn wenn eine Postwachstumsökonomie das Ausmaß ihrer industriellen Produktion stark reduzieren will, dann benötigen wir auch weniger menschliche Arbeitskraft dafür. Der Ökonom Niko Paech, der zu den prominentesten Vertreter_innen der Wachstumskritik in Deutschland gehört, schlägt in seinem Modell vor, wie wir in einer Postwachstumsökonomie arbeiten, um uns mit dem, was wir brauchen, zu versorgen.

Vorbereitung

Das Schaubild zu Niko Paechs Arbeitsmodell wird in ausreichender Zahl ausgedruckt. Die Teamenden lesen im Vorfeld den Text „Fünf Schritte zur Postwachstumsökonomie“ von Niko Paech, um Rückfragen der TN beantworten zu können.

Durchführung

1. Zum Einstieg bietet es sich an, mit den TN zu wiederholen, warum eine sozial-ökologische Wirtschaftswende nötig ist (siehe Kapitel ökologische und soziale Grenzen des Wachstums) und warum an diese Umgestaltung auch unser Arbeitsmodell gekoppelt ist. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die Gruppe mit einem alternativen Arbeitsmodell.

2. Die TN werden in 4 gleich große Kleingruppen aufgeteilt. Jede Kleingruppe bekommt das Schaubild von Paechs Modell und die Aufgabe, es zu analysieren, um es danach erklären zu können. Hierfür haben die TN 10 Minuten Zeit. Anschließend kommen die Gruppen wieder zusammen, ein_e TN wird gebeten, das Schaubild zu erklären, andere ergänzen. Verständnisfragen werden hier geklärt.

Alternativ können auch erfahrenere TN im Vorfeld gebeten werden, sich mit dem Modell auseinanderzusetzen und es einmal für die Großgruppe zu erklären.

3. Danach gehen die TN wieder zurück in ihre Kleingruppen. Zwei der Kleingruppen bekommen den Auftrag, Argumente herauszuarbeiten, die das Modell stützen, sowie Stärken, Notwendigkeit und Umsetzbarkeit des Modells zu benennen. Die anderen beiden Gruppen sollen das Modell kritisch hinterfragen und mögliche Knackpunkte und Kontra-Argumente herausstellen. Beide Gruppen machen sich Notizen für die anschließende Diskussion. Hierfür haben sie ca. 10 bis 15 Minuten Zeit.

4. Nach der Bearbeitungszeit setzen sich die Kleingruppen in Form einer Fishbowl-Diskussion mit ihren Argumenten zum Arbeitsmodell auseinander (ca. 20 Minuten oder mehr, je nach Diskussionsfreude und Zeit). Diese wird als Podiumsdiskussion geführt. Dafür werden als Podium 4 Stühle für TN und 1 Stuhl für eine_n Teamende_n als Moderation aufgestellt. Der Rest der Gruppe sitzt im Halbkreis vor dem Podium.

4 Stühle des Podiums sind während der Diskussion immer mit je einer/einem Vertreter_in pro Kleingruppe besetzt. Die TN werden dazu angeregt, die Vertreter_innen auf diesen Stühlen auszuwechseln, damit sich möglichst viele aktiv beteiligen können. Dies geschieht, indem ein_e TN der Person, die er/sie ablösen möchte, auf die Schulter tippt. Sobald diese Person ihren Satz/ihr Argument beendet hat, tauschen sie die Plätze.

Der/Die Teamer_in begrüßen die Vertreter_innen auf dem Podium als Expert_innen zum Thema: „Die 20-Stunden-Woche – Perspektive für eine sozial-ökologische Wirtschaftswende?“. Als Eingangsfrage bietet sich an, die Pro-Gruppe um ein Kernargument zu bitten. Im Anschluss daran können folgende Fragen als Impulsfragen für die Moderation dienen:

  • Was spricht für oder gegen die Arbeitszeitverkürzung?
  • Glauben Sie, dass das 20-Stunden-Modell von Paech geeignet ist für eine insgesamt ökologischere Wirtschaft?
  • Kann das Modell soziale Probleme unseres heutigen Arbeitsmodells verringern?
  • Trägt es dazu bei, die starke Ungleichheit in unserer Gesellschaft zu mindern?
  • Wie stark wäre die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt in Paechs Modell?
  • Was sind die Voraussetzungen, um so arbeiten zu können?
  • Kommt es in Paechs Modell zu einer Neubewertung von Arbeit? D. h. verliert Erwerbsarbeit an Stellenwert in Bezug auf sozialen Status? Und wird alle Arbeit, auch bisher gering- oder unbezahlte, als gleichwertig angesehen?
  • Gibt es Arbeitsbereiche, die in diesem Modell wichtiger oder unwichtiger werden als heute?
  • Welche Aspekte des Modells halten Sie für einfach, welche für schwieriger umsetzbar? Was müsste passieren, damit auch die schwierigen Aspekte realisiert werden können?

5. Nach der Diskussion verlassen die TN ihre Rollen. Für einen Rollenausstieg stehen die TN in einem Kreis und ziehen ihre Rolle wie einen Ganzkörperanzug aus. Dafür greifen sie einen imaginären Reißverschluss am Scheitel und ziehen ihn herunter bis zu Fußsohlen. Nun streifen sie den Rollenanzug erst vom Kopf, dann von den Armen, dem Oberkörper und den Beinen ab. Sie halten den Rollenanzug in der Hand und werfen ihn gemeinsam auf ein Signal hin kräftig in die Mitte des Kreises. Anschließend schütteln sich die TN einmal kräftig.

Auswertung

Die Auswertung kann sich an folgenden Fragen orientieren:

  • Wie habt ihr euch in eurer Rolle gefühlt? War es leicht oder schwierig, die Argumente vorzubringen?
  • Konntet ihr in dieser Pro-und-Kontra-Gesprächsmethode den anderen gut zuhören oder wart ihr sehr auf eure eigene Position versteift?
  • Wie ist die Diskussion verlaufen? Welche Argumente waren stark? Welche schwach?
  • Wie würdet ihr das Arbeitsmodell von Paech nach der Diskussion bewerten? Welche Stärken und Schwächen seht ihr? Wie wäre es umsetzbar?
  • Wie würde euer perfektes Arbeitsmodell aussehen und wie wäre es umsetzbar?

Varianten

Als Variante zu dieser Methode können auch mehrere alternative Arbeitsmodelle einander gegenübergestellt werden (z.B. Arbeitszeitverkürzungsmodell von attac, die Vier-in-Einem-Perspektive von Frigga Haug oder das bedingungslose Grundeinkommen). Dafür ist mehr Zeit nötig.

Tipps für Teamer_innen

Es ist wichtig, dass die TN das Schaubild und alle Begriffe darauf verstehen. Falls der Gruppe einige Begriffe fremd sind, sollten diese entweder im Vorfeld für alle oder durch ein kleines Glossar als Beigabe geklärt werden.

Möglichkeiten zur Weiterarbeit

Da das Modell eine noch recht abstrakte Übersicht über die Komponenten vermittelt, wie wir in einer Postwachstumsökonomie leben und arbeiten könnten, bietet es sich an, mit den TN im Anschluss praktische Beispiele zu bearbeiten, wie solche Ansätze bereits umgesetzt werden. Dazu empfiehlt sich unter anderem die Methode „Eine andere Welt im Bau“ (Kapitel 5).