Perfekte*r Aktivist*in

Eine Reflektion von unerfüllbaren Ansprüchen

Kurzbeschreibung

In dieser Methode können Teilnehmende (TN) in humorvoller und niedrigschwelliger Art und Weise ihre Assoziationen zu unrealistischen und nicht hilfreichen Idealvorstellungen von und Ansprüche an Aktive in ihren spezifischen Tätigkeitsfeldern aufbringen, hinterfragen und verlernen.

Lernziele

Die TN…

– erkennen ihre individuellen hohen Ansprüche an sich selbst und andere im Tätigkeitsfeld.

– erkennen Widersprüchlichkeit und Unerreichbarkeit von Anforderungen, die auf kollektiver Ebene oft unausgesprochen bleiben.

– hinterfragen Annahmen über versteckte Hierarchien hinsichtlich Wissen, Fähigkeiten, Unverletzbarkeit usw.

 

Ablauf

Hintergrund

Perfect Activist kommt aus den Themen Nachhaltiger Aktivismus und individuelle/kollektive Resilienz (Widerstands- und Erholungsfähigkeit in Krisen). Aktivist*innen sind konstant mit den multiplen Krisen dieser Welt in Kontakt und tragen oft hohe Ansprüche an sich selbst und andere mit sich.

Vorbereitung

Es wird ein Flipchart mit einem Strichmenschen darauf in der Mitte der TN platziert. Es hat sich bewährt, das eine anleitende Person moderiert, während die andere anleitende Person die genannten Assoziationen der TN mitschreibt.

Durchführung

1. (3 Minuten) Einleitung

Die anleitende Person formuliert einleitende Worte, z.B.:

Wir machen jetzt eine Übung, um uns gemeinsam damit zu beschäftigen, welche Erwartungen wir eigentlich an uns selbst und andere im Kontext xy haben. Ihr kennt sicher das Gefühl, dass es in eurem Umfeld Aktivist*innen gibt, die einfach alles richtig machen, oder jedenfalls „besser als ich“. Das wollen wir hier spielerisch offenlegen und aussprechen.

2. (2 Minuten) Reflexion

Die TN sitzen im Kreis und das Flipchart mit dem aufgemalten Strichmenschen liegt in der Mitte. Die anleitende Person stellt einleitende Fragen und lädt die TN dazu ein, diese 2 Minuten alleine auf sich wirken zu lassen.

Beispielfragen: „Was kann die*der perfekte Aktivist*in? Was macht sie? Woher kommt die Person, was braucht sie? Wovon und wofür lebt sie? Wie ist die Person drauf? Wie ist der Alltag der Person?“
Diese Fragen können je nach Tätigkeitsbereich/Engagement angepasst und erweitert werden.

3. (10 Minuen) Assoziationsübung

Die TN können frei assoziieren und ihre Gedanken in die Runde werfen, was alles Ansprüche eine*r Perfekte*n Aktivist*in sind. Die annleitende Person schreibt die Begriffe um den Strichmenschen herum auf das Flipchart. Einander widersprechende Assoziationen werden dabei ebenfalls aufgeschrieben.

Je nach Entwicklung der Assoziationen können die anleitenden Personen auch bewusst auf Widersprüche zwischen den einzelnen Assoziationen hinweisen, bzw. weitere solche einladen, Fragen zu noch ungenannten Bereichen stellen, etc.

4. (10 Minuten) Auswertung

Die Gruppe ist im Plenum. Folgende Fragen eignen sich:

  • Gefühle einladen: Was haben diese Ansprüche in euch ausgelöst?

  • Wo fallen euch Widersprüche auf?

  • Ist das überhaupt erfüllbar?

  • Können wir in diesen Ansprüchen Systeme/Denkmuster erkennen, die wir eigentlich kritisieren, verändern oder abschaffen wollen? (z.B. Kapitalistische Verwertungsgedanken)

  • Die Ansprüche abstreifen: Einladen zum Körper ausschütteln oder abstreifen.

Varianten

Nach dem gemeinsamen Sammeln der Begriffe auf dem Flipchart gehen die TN in eine Einzelarbeit, in der sie entweder 10 Minuten freewriten (in einem Schreibfluss bleiben) oder malen. Folgende Fragen werden den TN mitgegeben:

  • wo erkenne ich diese Ansprüchen in mir?
  • welche Anforderungen davon erlebe ich als Stress?
  • was wünsche ich mir von Menschen in meinem Umfeld in stressigen Situationen/Phasen?
    Nach den 10 Minuten Einzelarbeit gehen die TN in einen 10-15 minütigen Kleingruppen-Austausch über ihre Erfahrungen. Diese werden nicht mehr im Plenum geteilt.

Durchführung Digital

Es braucht ein Online Tool, indem auf einer Präsentationsfolie ein aufgemalter Strichmensch oder ein Kopf einer Person dargestellt ist. Die assoziierten Begriffe der TN werden in den Chat geschrieben und von einer anleitenden Person laut vorgelesen.

Tipps und Hinweise für Anleitende

Die Methode ermöglicht eine Reflektion darüber, wie unerreichbar, stressauslösend und oft widersprüchlich die Ansprüche sein können. Sie ermöglicht den TN einen Zugang zum Thema Resilienz und lädt TN zum Sprechen ein. Darüber hinaus stößt sie ein „Verlernen“ von eigenen Ansprüchen an, sowohl individuell als auch auf Gruppen- bzw. kollektiver Ebene.

Die Methode ist in diversen Tätigkeitsfeldern anwendbar, z.B. Freiwilligendienste, Bildungsarbeit, Rollenfragen in Gruppen, etc.

Gebt den TN Zeit, sich in die jeweiligen Ansprüche hinein zu fühlen. Dazu können je nach Kontext noch weitere Fragen zur Perfekte*n Aktivist*in in den Raum gegeben werden.
Z.B.: „Was für Kleidung trägt die Person? Wie ernährt sie sich? Woher kommt ihr Wissen? Wie verhält die Person sich gegenüber anderen?“
Die Fragen und Antworten können überspitzt sein. Wichtig ist es, die aufgekommenen Ansprüche danach zu entmystifizieren und in einem Realitätscheck zu merken, dass sie gar nicht unser gemeinsames Ziel sind, dass sie auch ohnehin unerfüllbar und wahrscheinlich in sich widersprüchlich sind.

Das Abstreifen ist wichtig für das körperliche Loslassen der Ansprüche.

Oft kann es etwas dauern, bis TN realisieren, dass es darum geht, die genannten Ansprüche in Frage zu stellen. Wenn dadurch z.B. ein merklicher Erleichterungsmoment in der Gruppe passiert, kann es sinnvoll sein, das in der Reflektion auch zu benennen und thematisieren.

Möglichkeiten zur Weiterarbeit

Themen individuelle und kollektive Selbstfürsorge und Resilienz, Stress und Burnout.

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