Menschen in Bewegung(en)

Konflikte um Ressourcen in Europa und Lateinamerika

Die Methode beleuchtet soziale Bewegungen, die sich gegen Ressourcenförderung (Bodenschätze, fossile Brennstoffe, Landnutzung) und deren Folgen in Europa und Lateinamerika einsetzen. Die TN beschäftigen sich in Kleingruppen mit jeweils einer sozialen Bewegung und stellen diese anhand eines Standbildes und eines Steckbriefs vor. Zum Abschluss setzen sie sich mit den verschiedenen Aktionsformen der Bewegungen und mit der Frage nach der Legitimität bestimmter Aktionsformen auseinander.

Arbeitsmaterialien zum Download:
+ Arbeitsblätter zu den sozialen Bewegungen
+ Vorlage für den Steckbrief

Hintergrund
Soziale Bewegungen ist ein Sammelbegriff für Netzwerke von Organisationen, Gruppen und Individuen, die sich gemeinsam politisch für (manchmal auch gegen) einen gesellschaftlichen Wandel engagieren. Um ihre Ziele zu verfolgen, nutzen sie vielfältige Strategien, die nicht Teil des formalen Politikprozesses (wie Parlamente und Regierungen) sind und die das Ziel haben, den etablierten Lauf der Dinge zu stören. Sie können auf verschiedenen Ebenen politischen Einfluss erzielen, indem sie auf gesellschaftliche Probleme hinweisen, alternative Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und die öffentliche Meinung beeinflussen.

Obwohl soziale Bewegungen nicht immer Mehrheitsmeinungen repräsentieren, können sie auf
diese Weise wichtige Akteure für gesellschaftlichen Wandel werden. Ein häufig angeführtes Beispiel dafür ist die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland. Sie trug schon seit den 1980er-Jahren maßgeblich zu einer skeptischen Grundhaltung zur Atomkraft in Deutschland bei. Auf diese Weise bereitete sie den Boden für die Entscheidung eines zeitnahen Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 – im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, die weiterhin an der Atomkraft festhalten.
Im Hinblick auf eine sozial-ökologische Transformation spielen soziale Bewegungen eine wichtige
Rolle, da sie zum einen wichtige politische und öffentlichkeitswirksame Anstöße leisten und zum
anderen durch konkrete Gestaltung von Alternativen eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen können. In sozialen Bewegungen können sich zudem von ungerechten Verhältnissen Betroffene organisieren, auf Missstände aufmerksam machen und für eine Verbesserung ihrer Lage kämpfen.

Ressourcenförderung als Konfliktfeld
Das derzeitige Wirtschaftssystem beruht auf der Förderung und Nutzbarmachung von immer mehr Ressourcen und Flächen. Diese Entwicklungsstrategie wird Extraktivismus genannt. Dabei wird häufig die Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen in Kauf genommen. Diese Strategie war und ist bis heute prägend für die Ökonomien vieler Länder, aktuell besonders im Globalen Süden. Allerdings formiert sich auch vermehrter Widerstand. Alternative Entwicklungskonzepte wie z. B. der lateinamerikanische „Post-Extraktivismus“, der u. a. eine Begrenzung der Ressourcenförderung auf unverzichtbare Extraktion anstrebt, gewinnen an Bedeutung.

Vorbereitung
Die Anleitenden setzen sich mit den Themen Ressourcenförderung und soziale Bewegungen
auseinander und sind in der Lage, die Grundideen zu vermitteln. Die Vorlage für die Steckbriefe
(siehe Arbeitsmaterial zum Download) wird in entsprechender Anzahl ausgedruckt.

Durchführung
1. Einstieg in das Thema (10’)
Die Anleitenden führen mit einem kurzen interaktiven Input in das Thema Ressourcenförderung
ein. Leitfragen dafür können sein:
>    Warum kann Ressourcenförderung problematisch sein?
>    Wo stößt Ressourcenförderung an Grenzen und auf Widerstand?

Anschließend stellt die Gesprächsleitung den Zusammenhang zwischen Ressourcenförderung und sozialen Bewegungen her: Verschiedene Akteure befassen sich mit den Problematiken von Ressourcenförderung, zum Beispiel Parlamente und Regierungen, aber auch Nicht-Regierungsorganisationen. In vielen Fällen sind zudem soziale Bewegungen aktiv, auf
deren Perspektive wir uns im Folgenden konzentrieren wollen. Auch hier kann das Thema anhand von Leitfragen entwickelt werden:
>    Was ist eine soziale Bewegung? Was unterscheidet sie von anderen politischen Akteuren?
>    Was sind Gründe für Menschen, sich in sozialen Bewegungen zu engagieren?
>    Welche Handlungen verbindet ihr mit sozialen Bewegungen?

Abschließend wird der Ablauf der Methode vorgestellt und erklärt, dass es u. a. darum gehen wird, soziale Bewegungen auf kreative Weise in einem Standbild darzustellen. Nun wird in die Einstiegsübung zur Verkörperung übergeleitet: „Bei sozialen Bewegungen geht es viel um Bewegung und Emotionen. Um uns da schon einmal hineinzuversetzen beginnen wir mit einer Bewegungsübung.“

2. Einstieg Verkörperung (10’)
Die TN laufen durch den Raum, füllen dabei den Raum möglichst gleichmäßig aus und vermeiden
größere Lücken. Durch eine Variation der Laufgeschwindigkeit (z. B. auf einer Skala von eins
bis zehn) kann der Anspruch dieser Übung erhöht werden. In einem zweiten Schritt werden nun Begriffe in den Raum gegeben, die die TN spontan in ein Standbild übersetzen. Mögliche Begriffe dafür sind: sich Sorgen machen, Wut, Entschlossenheit, Gemeinschaft, Freude, Angst, Zufriedenheit, Enttäuschung, Erfolg, Solidarität. Auf ein Signal durch die anleitende Person hin
lösen die TN das jeweilige Standbild auf und setzen den Lauf durch den Raum fort.

3. Gruppenarbeit (40’)
Es werden Gruppen von vier bis sechs Personen gebildet. Die TN lesen in den Gruppen je einen Text, in dem sie eine soziale Bewegung in Europa oder Lateinamerika kennenlernen (siehe Arbeitsmaterial). Anhand der Informationen erstellen sie einen Steckbrief (siehe Arbeitsmaterial) über „ihre“ Bewegung. Im Anschluss überlegen sie sich, wie sie den Kon-
flikt, den die soziale Bewegung aufzeigt, den anderen Gruppen in einem Standbild vorstellen können.

4. Präsentation (25’)
Die Gruppen stellen sich ihre jeweiligen sozialen Bewegungen vor. Zunächst nennen sie nur den
Namen der Bewegung und in welchem Themenfeld sie aktiv ist. Anschließend wird das Standbild inszeniert. Die Anleitenden fragen die anderen TN, was sie sehen und was sie damit assoziieren. Anschließend erläutert eine Person der darstellenden Gruppe das Standbild und gibt mit Rückgriff auf den Steckbrief weitere Informationen zu der Bewegung.

Auswertung
Zunächst wird die Übung gemeinsam reflektiert. Folgende Fragen können dafür hilfreich sein:
>    Wie habt ihr euch in eurer Rolle im Standbild gefühlt?
>    War es schwer, sich in die Rolle hineinzuversetzen?
>    Was hat euch geholfen? Was hättet ihr noch gebraucht?

Zum Abschluss der Methode können folgende Fragen diskutiert werden:
>    Gibt es ein Beispiel, das ihr besonders interessant fandet? Warum?
>    Wie werden soziale Bewegungen in der Öffentlichkeit wahrgenommen?
>    Können ihre Forderungen eurer Meinung nach umgesetzt werden? Was hätte das für Konsequenzen?
>    Wie bewertet ihr die einzelnen Aktionsformen?
>    Was ist eurer Meinung nach legitim? Was nicht?
>    Welche der Aktionsformen könntet ihr euch selbst vorstellen?