Wie viel Wettbewerb wollen wir?

Eine Diskussion zu Wettbewerb und freien Märkten

Ausgehend von eigenen Erfahrungen mit Konkurrenz und Wettbewerb tauschen sich die Teilnehmenden in einem ersten Schritt darüber aus, welche Effekte diese auf der persönlichen Ebene haben. Daran anschließend diskutieren sie in Kleingruppen, welche Auswirkungen Wettbewerb in der Wirtschaft auf verschiedene Akteure hat. Die Ergebnisse der Diskussion werden in einer großen Mindmap festgehalten.

Arbeitsmaterial zum Download:
+ Zitatesammlung
+ Hintergrundtext für Anleitende

Hintergrund
Die Anleitenden stellen den TN das Prinzip von Wettbewerb und Konkurrenz als einen der zentralsten, gleichzeitig aber auch sehr umstrittenen Grundpfeiler des dominierenden Wirtschaftssystems – der kapitalistischen Marktwirtschaft – vor. Für uns ist es selbstverständlich geworden, dass Waren wie Schuhe, Computer oder Äpfel, aber auch Dienstleistungen wie z. B. Haareschneiden und sogar Bildung oder Krankenpflege von verschiedenen Anbietern auf einem auf Wettbewerb ausgerichteten „Markt“ bereitgestellt und von Konsument_innen gekauft werden. Wie „frei“ dieser Markt ist, welchen Regeln er unterworfen ist, welche Grenzen er hat und in welchen Bereichen er eingeschränkt wird, muss in jeder Gesellschaft ausgehandelt und festgelegt werden.
Ein mehr oder weniger „freier“ Markt ist aber nur eine Art der Verteilung von Gütern: In einer Planwirtschaft als Gegenpol zur Marktwirtschaft beispielsweise bestimmen nicht Angebot und Nachfrage, was produziert wird, sondern eine zentrale Verwaltung. Zwischen diesen beiden Konzepten gibt es viele Zwischenstufen, je nachdem, wie stark der Staat in Produktion und Verteilung eingreift. Eine Gesellschaft kann marktwirtschaftlich organisiert sein und trotzdem bestimmte „öffentliche Güter“, wie z.B. Bibliotheken, Krankenhäuser oder die Post, nach Bedarf bereitstellen und als staatliche Monopole betreiben. Jenseits der Achse von Markt- und Planwirtschaft können gesellschaftliche Teilbereiche auch subsistenzwirtschaftlich organisiert sein. Dann stellen Menschen die nötigen Güter oder Dienstleistungen selbst her. Die Vorstellung von „Gemeingütern“/Commons wiederum verweist auf Güter wie z. B. saubere Luft, Wissen oder Land, die (noch) niemandem gehören und von allen frei genutzt werden dürfen.
Die meisten Wirtschaftssysteme bestehen aus einer Mischung verschiedener Organisationsformen. (Vgl. Hintergrundtext für Anleitende: Wolfgang Kessler: Wirtschaft für alle. Kapitel 1.2: Die Marktwirtschaft. Konstanz 2004, S. 13-17.)
In der Methode soll untersucht werden, welche (positiven und negativen) Effekte Markt und Wettbewerb auf die Beteiligten haben – zunächst auf persönlicher, dann auf wirtschaftlicher Ebene. Die TN diskutieren, an welchen Stellen wie viel Wettbewerb oder Steuerung aus ihrer Sicht sinnvoll ist.

Vorbereitung
Die Zitate werden ausgedruckt, ausgeschnitten und ggf. im Raum aufgehängt.

Durchführung
1. Wettbewerb auf persönlicher Ebene (20′)
Die TN tauschen sich in Kleingruppen (max. 5 Personen) zu folgenden Fragen aus:
> Wo begegnet euch Konkurrenz oder Wettbewerb in eurem Alltag?
> Wie wirkt sich Konkurrenz aus? Welche positiven und negativen Erfahrungen verbindet ihr damit?
Die TN schreiben ihre Ergebnisse auf Moderationskarten. Nacheinander stellen die Gruppen ihre Gedanken dazu vor. Aus den Karten wird in der Mitte des Stuhlkreises eine Mindmap gelegt. Im Zentrum liegt ein Schild mit der Aufschrift „Wettbewerb“. Die Bereiche, in denen die TN Wettbewerb erfahren, werden außen herum gelegt. Die Auswirkungen von Konkurrenz in diesen Bereichen werden dann in einem weiteren Kreis darum herum angeordnet und in verschiedenen Themenschwerpunkten zusammengefasst (z.B. Motivation/Ansporn zu Leistung, Innovation, Bestätigung/Anerkennung durch Erfolg, Stress/Leistungsdruck, Konkurrenzdenken, ungleiche Startvoraussetzungen, Verschärfung von Ungleichheiten/Ausschluss etc.).
Wenn alle Gruppen vorgetragen haben, können noch einmal Aspekte ergänzt werden.

2. Wettbewerb in der Wirtschaft (15′)
Jetzt wird die Frage in den Raum gestellt, welche der Aspekte aus der Mindmap sich auf  Unternehmen als zentrale Akteure der Marktwirtschaft übertragen lassen:
> Wo spielt in der Wirtschaftswelt Wettbewerb und Konkurrenz eine Rolle?
> Welche positiven oder negativen Auswirkungen hat Konkurrenz zwischen Unternehmen? Und auf wen wirkt sie sich aus?
> Wer ist in der Wirtschaft sonst noch von Konkurrenz betroffen und wie (z.B. Arbeitnehmer_innen)? Und wie?
Die verschiedenen Aspekte in der Mindmap können nacheinander durchgegangen werden. Die Anleitenden notieren zusätzlich genannte Punkte und insbesondere die Auswirkungen (z. B. negative Auswirkungen auf rote, positive auf grüne Moderationskarten) und erweitert damit die Mindmap an den passenden Stellen oder eröffnet neue Bereiche, bis alle Aspekte aus dem Plenum genannt sind. Aspekte aus der ersten Runde, die nur auf der persönlichen Ebene relevant sind, in der Wirtschaft aber nicht, können an die Seite gelegt werden.

3. Austausch zu Zitaten (15′)
Im nächsten Abschnitt wird dann in Zitaten nach zusätzlichen Anregungen gesucht. Die vorbereiteten Zitate werden dafür im Raum ausgelegt oder an eine Leine gehängt. Die TN bewegen sich zu zweit durch den Raum und suchen sich ein Zitat aus, das sie anspricht oder einen neuen Aspekt ins Spiel bringt. Sie tauschen sich kurz darüber aus. Dann kommen die TN wieder im Plenum zusammen und stellen ihre Ergänzungen vor. Die Anleitenden halten die Ergebnisse wiederum auf Moderationskarten fest.

Auswertung
Nun können die gesammelten Auswirkungen, Vor- und Nachteile noch einmal in ihrer Gesamtheit diskutiert werden. Weitergehende Fragen können sein:
> Welche Rolle spielen derzeit Markt und Wettbewerb in der Wirtschaft?
> Gibt es einen „freien“ Markt? Ist der Markt gerecht?
> Welche Bereiche sind von Wettbewerb wenig oder nicht berührt? Welche sollten davon unberührt bleiben?
> In welchen Bereichen sollte der Staat eurer Meinung nach den Markt (stärker) regulieren? Warum?
> Welche Rolle spielen Wettbewerb und Konkurrenz für Wirtschaftswachstum?