Und was sagen Sie dazu?

Ein Skype-Interview mit Expert_innen

Die Teilnehmenden entwickeln ihre eigenen Fragen und führen ein Skype-Interview mit einer Expertin/einem Experten. Hier können Menschen interviewt werden, die sogar auf der anderen Seite des Planeten leben, ohne dafür Flüge in Anspruch zu nehmen. Die Teilnehmenden machen die Erfahrung, mit einer Expertin/einem Experten zu sprechen, bekommen Wissen im Kontakt mit einer konkreten Person vermittelt, setzen sich damit auseinander und schulen nebenbei ihre Kommunikationsfähigkeiten im Gespräch.

Vorbereitung

Je nach Größe der Gruppe werden 1 bis 3 Expert_innen interviewt. Ein Interview wird in einer Gruppe von ca. 8 bis 13 TN durchgeführt. Bei größeren Gruppen werden die TN in Kleingruppen aufgeteilt und es werden parallel 2 bis 3 Interviews mit unterschiedlichen Expert_innen durchgeführt.

Im Vorfeld recherchieren die Teamenden Expert_innen zu einem Themenbereich, der für die TN von Interesse ist. Wenn möglich, können die TN bereits miteinbezogen werden. Im Internet finden sich zahlreiche Organisationen, die sich mit Wirtschaftswachstum, ökologischen Grenzen, Postwachstum, Wohlstandskonzepten und -messung, Verteilungsgerechtigkeit, Arbeitsmodellen, Unternehmensmodellen ohne Wachstum, Alternativen aus dem Globalen Süden etc. befassen. Die Expert_innen werden frühzeitig angefragt, ob sie zu einem Interview bereit wären und es wird ein Termin vereinbart.

Den Expert_innen sollte vorab kommuniziert werden, in welchem Rahmen das Interview stattfindet, wie alt die TN sind und was die Themen des Seminars bzw. Unterrichts sind. Die Expert_innen sollten gebeten werden, eine Webcam an ihren Computer anzuschließen, damit die TN sie sehen können.

In jedem Raum werden ein Stuhlkreis und die Technik (Computer mit Internetanschluss, Headset, Webcam, Lautsprecher und Beamer) aufgebaut.

Durchführung

1. Gruppeneinteilung (5 Min.)

Gruppen mit über 14 TN werden in Kleingruppen eingeteilt, indem sich die TN der Expertin/dem Experten zuordnen, die/der sie am meisten interessiert. Dafür werden die Expert_innen zunächst kurz vorgestellt. Die Kleingruppen verteilen sich auf verschiedene Räume und arbeiten nun separat weiter.

2. Annäherung (20 Min.)

Der Einstieg in den Kleingruppen erfolgt über die Erfahrung der TN mit Interviews: „Habt ihr schon mal Interviews geführt – wenn ja, mit wem?“

Im Gespräch werden verschiedene Arten von Interviews (biographische Interviews, Zeitzeugengespräche, zufällige Straßeninterviews, Expert_inneninterviews, Jobinterviews etc.) gesammelt und auf Flipchart mitgeschrieben. Wenn die TN schon einmal ein Interview geführt haben, wird daran angeknüpft und gefragt, ob sie sich an interessante Elemente erinnern.

Anhand der genannten Antworten wird auf 3 Aspekte eines Interviews eingegangen, diese werden am Flipchart visualisiert:

  • Person: sich gegenseitig kennenlernen, angenehme Atmosphäre schaffen, etwas über den Menschen herausfinden, Motivation und Vision der Person für ihren Job
  • Wissen, Expertise: Welches Wissen könnte der/die Interviewpartner_in haben, das für uns interessant sein könnte?
  • Meinungen: Zu welchen Themen, die uns interessieren, würden wir gerne die Meinung der Gesprächspartnerin/des Gesprächspartners erfahren?

3. Internet-Recherche (20 Min.)

Die TN recherchieren selbstständig im Internet, was sie über die Organisation der Gesprächspartnerin/des Gesprächspartners herausfinden können:

  • Was macht die Organisation?
  • Was ist die Position der Organisation in Bezug auf Wirtschaftswachstum?

Die Ergebnisse werden in der Kleingruppe zusammengetragen.

4. Fragen sammeln (20 Min.)

Die TN teilen sich innerhalb der Kleingruppen nochmals in 3 Untergruppen zu den Bereichen Person, Wissen und Meinungen auf und sammeln zu diesem Bereich Fragen, die sie der Expertin/dem Experten stellen wollen. Wichtig ist, dass es offene Fragen sind, die nicht nur mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind. Die TN schreiben ihre Fragen gut leserlich auf Moderationskarten auf (1 Frage pro Karte).

Die 3 Untergruppen kommen wieder zusammen und präsentieren ihre Fragen an der Pinnwand. Anschließend werden weitere Fragen aus der Gruppe ergänzt, Überschneidungen geklärt, ggf. Fragen zusammengelegt oder gestrichen. Es wird überprüft, ob es sich um offene Fragen handelt. Das Interview wird strukturiert, indem die Fragen in die endgültige Reihenfolge gebracht werden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass das Interview mit einfachen Fragen begonnen wird, dann zu den schwierigeren/komplexeren übergeht und mit einfachen Fragen beendet wird.

Schließlich wird geklärt, welche Personen welche Fragen stellen möchten, wer einleitend die Gruppe vorstellt und wer den Abschluss und Dank übernimmt. Die TN, die gerade nicht am Headset sind, machen sich Notizen zu den Aussagen der Gesprächspartnerin/des Gesprächspartners.

Pause (mind. 15 Min.)

Bei Bedarf können die Fragen in der Pause abgetippt, gut lesbar auf DIN-A4-Papier ausgedruckt und an der Pinnwand sortiert werden.

5. Rahmen klären (10 Min.)

Die/der Teamende klärt letzte Knackpunkte des Interviews und visualisiert die Fragen in Form von Stichworten:

  • Wer spricht zu Beginn des Gesprächs? (Oft ist die Verantwortung unklar.)
  • Stellen wir in der Vorstellung nur unsere Fragen oder geben wir der Person die Gelegenheit, sich selbst vorzustellen?
  • Was passiert, wenn der/die Gesprächspartner_in selbst Fragen stellt?
  • Wie kann eine sterile Gesprächsatmosphäre, in der eine Frage nach der nächsten heruntergerattert wird, verhindert werden? (Z.B. Rückfragen oder Reaktionen einbauen, wer eine Frage stellt, stellt sich vorher ganz kurz vor.)
  • Wer achtet auf die Zeit während des Interviews?

6. Interview (45 Min.)

Die/der Teamende stellt die Skype-Verbindung her und übergibt das Gespräch an die TN, die ihre Fragen stellen. Alle anderen TN verfolgen das Gespräch über die Beamerprojektion mit. Die Pinnwand mit den Fragen steht für alle gut sichtbar.

Pause (10 Min.)

7. Auswertung (20 Min.)

Zunächst werden die Befindlichkeiten ausgewertet:

  • Wie geht es euch mit dem Interview? Wie zufrieden seid ihr?
  • Welchen Eindruck hat der/die Gesprächspartner_in auf euch gemacht?

Dann werden die Inhalte besprochen. Hierfür werden die TN gebeten, einen Blick auf die gestellten Fragen zu werfen, ihre Notizen durchzusehen und sich für 3 Punkte zu entscheiden (bei wenig Zeit 2), die sie besonders interessant fanden. Diese notieren sie jeweils auf eine Moderationskarte.

Die TN stellen ihre Moderationskarten vor und hängen sie zu den entsprechenden Fragen an die Pinnwand. Nach jeder Karte fragt der/die Teamende, ob noch jemand anderes diese Aussage besonders interessant fand. So zeigt sich schnell, wo die Interessen der TN liegen und welche Aussagen der Expertin/des Experten vielleicht auch unterschiedlich verstanden wurden. Hier gibt es in der Regel viele Ansätze für weiterführende Diskussionen, auch für das Hinterfragen von Aussagen der Expertin/des Experten.

Abschließend kann thematisiert werden, welche Rolle Expert_innen in der Gestaltung des Wirtschaftssystems einnehmen und wie wichtig es ist, selbst über wirtschaftliche Zusammenhänge informiert zu sein, um an der Gestaltung teilhaben zu können.

8. Präsentation (40 Min.)

Wenn mehrere Interviews parallel durchgeführt wurden, kann abschließend von allen Kleingruppen selbstständig eine kurze Präsentation mit den spannendsten Ergebnissen vorbereitet werden. Die Gruppen erhalten 20 Minuten Zeit für die Vorbereitung und treffen sich dann zur gemeinsamen Präsentation im Plenum.

Wir danken dem Internationalen Haus Sonnenberg e.V. für die freundliche Genehmigung zur Nutzung der Methode.

Varianten

Während des Gesprächs kommt es selten zu Rückfragen von den TN, da diese mit der Aufnahme der Informationen beschäftigt sind. Wenn mehr Zeit zur Verfügung steht, können nach der Auswertung des Gesprächs noch neu entstandene Fragen gesammelt und die Expertin/den Experten ein zweites Mal via skype befragt werden.

Tipps für Teamer_innen

Diese Methode eignet sich gut dazu, den TN die Gestaltung ihres eigenen Lernprozesses zu übergeben und ihren eigenen Fragen nachzugehen.

Mögliche Organisationen, die für Interviews angefragt werden könnten, sind unter anderem die OECD (z.B. Abteilungen „Social and welfare issues“ oder „Green growth and sustainable development“), das Post Growth Institute, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die New Economics Foundation (NEF), Universitäten, das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW).

Möglichkeiten zur Weiterarbeit

Im Anschluss können die Aspekte vertieft werden, die die TN in der Auswertung am interessantesten fanden.