Stimmen aus der Geschichte – Technik & Digitalisierung

Gruppenarbeit mit Zeitstrahl und Ausstellung zur Geschichte (digitaler) Technik

Die Teilnehmenden setzen sich mit einer Auswahl relevanter Ereignisse und Zitate auseinander, die mit der Geschichte der digitalen Technik in Zusammenhang stehen.

Arbeitsmaterial zum Download

Lernziele

Die TN…

– lernen wichtige Ereignisse und Perspektiven aus der Geschichte der (digitalen Technik) kennen und erkennen historische Verknüpfungen.

– erkennen und reflektieren anhand konkreter Beispiele den Zusammenhang zwischen einem Zeitpunkt und Ort in der Geschichte, sowie globale Zusammenhänge.

– verstehen die Technikentwicklung als dynamischen (historischen) Prozess, der von Machtverhältnissen geprägt und unterschiedlich gestaltbar ist.

– werden dazu angeregt, über den Fortschrittsglaube im Kapitalismus zu reflektieren.

Hintergrund

Die Teilnehmenden (TN) schauen sich relevante Ereignisse oder Zitate aus der Geschichte der (digitalen) Technik an und tauschen sich über eines davon aus. Zusammen wird das Ereignis/Zitat in einen geschichtlichen Kontext und globalen Zusammenhang gebracht. Zum Abschluss werden die Zitate inhaltlich bzw. assoziativ geclustert. So wird ein westlich linear geprägtes Zeitverständnis in Frage gestellt.

Vorbereitung

Die Ereignisse und Zitate (siehe Material zum Download) werden zunächst gemäß der Vorlage ausgedruckt. Dabei stehen zwei Sets zur verfügung, hier geht es um die Geschichte der (digitalen) Technik, im anderen unter dem Titel „Stimmen aus der Geschichte – Kapitalismus “ um die Geschichte des globalen Kapitalismus.

Je nach Kontext und Gruppengröße kann das Set für sich oder in Kombination mit dem anderen verwendet werden. Auf der Vorderseite der Karte soll ein Zitat/Ereignis und die dazugehörige Jahreszahl zu sehen sein, während auf der Rückseite ein Hintergrundtext gedruckt ist. Hierfür empfiehlt es sich, dickeres Papier zu nehmen oder die Karten direkt zu laminieren, damit sie mehrfach genutzt werden können. Die Karten werden je nach zeitlichem Kontext in der Geschichte an einer im Raum aufgespannten Wäscheleine befestigt. Zur besseren Einordnung werden die Jahreszahlen ergänzend zwischen den Zitaten aufgehängt. Ein Flipchart mit den Leitfragen (siehe Durchführung) liegt bereit.

Für die anleitende Person gibt es zusätzlich eine Übersicht mit Hintergrundinformationen zu den einzelnen Karten. Diese sollen vorher sorgfältig durchgegangen werden, damit im Laufe der Übung entsprechende Informationen eingebracht werden können.

Durchführung

1. (10 Minuten)

Nachdem der Ablauf der Übung erklärt wurde, laufen die TN entlang des Zeitstrahls und schauen sich die ausgehängten Ereignisse und Zitate an (siehe Material zum Download). Dabei wird vorerst nur die vordere Seite angeschaut.

2. (5 Minuten)

Jede Person wählt eine Karte, die sie interessiert und über die sie mehr wissen will. So sollen sich Kleingruppen von etwa 3 Personen um eine Karte finden. Je nach Gruppenaufteilung können sich TN einer anderen Gruppe zuordnen oder die Gruppengröße kann abweichen.

3. (25-30 Minuten) Kleingruppenphase

– Jede Kleingruppe schaut sich vorerst die Vorderseite der Karte an und tauscht sich anschließend über folgende Leitfragen aus:

• Was sind eure ersten Assoziationen, wenn ihr die Karte lest?

• In welchem Kontext könnte das Zitat/Ereignis stehen?

• Welche Absicht könnte hinter dem Zitat/Ereignis stehen?

• Welche (historische) Bedeutung hat das Ereignis/Zitat?

• Welche Chancen oder Herausforderungen seht im Zusammenhang mit dem Ereignis/Zitat?

• Welche Fragen habt ihr zu diesem Zitat? Notiert euch diese!

Die Anleitenden sollen darauf achten, dass alle TN in den Gruppen zu Wort kommen (können).

– Nun drehen die TN die Karte um und erhalten mehr Hintergrundinfos zu dem Zitat/Ereignis. Sie haben Zeit, um sich darüber auszutauschen, inwiefern sich ihre Antworten auf die Fragen oben nun verändert haben.

4. (30-45 Minuten) Auswertung

– Alle kommen zusammen. Eine Gruppe liest die Vorderseite der Karte vor und erläutert, inwiefern das Ereignis/Zitat wichtig ist. Die Karte wird dabei gut sichtbar für alle platziert (z.B. an einer Pinnwand oder auf dem Boden). Die nachfolgenden Gruppen überlegen, ob sie einen Anknüpfungspunkt finden können und platzieren ihre Karte entsprechend nah oder fern von bereits hängenden Karten, bis alle Gruppen ihre Karte vorgestellt haben.

– Möglicherweise sind Karten auf der Wäscheleine verblieben, weil sie anfangs nicht ausgesucht wurden. Nun kann die Gruppe schauen, ob welche von diesen Karten in die nach Inhalten sortierte Übersicht hinzugefügt werden soll.

– Zum Abschluss kann die Gruppe nochmal gemeinsam auf die neue Übersicht schauen und ihre Gedanken zu folgenden Fragen teilen:

• Was fällt euch auf, wenn ihr zurück an unseren Zeitstrahl vom Anfang denkt und nun diese Übersicht vor euch seht? Welche Gedanken gehen euch durch den Kopf?

• Welche Perspektiven wurden sichtbar? Welche fehlen?

• Wie beeinflusst Geschichte unsere Gesellschaft? Wie und von wem wird Geschicht erzählt und geschrieben, welche Probleme und Herrausforderungen sind damit verbunden? Wie könnte Geschichte „gerechter“ erzählt werden?

• In den Zitaten sprechen vor allem Männer*. Welche Gründe seht ihr dafür?

Varianten

Statt einer Wäscheleine können die Karten zum Anfang der Übung auch auf dem Boden im Raum ausliegen oder an einer Tafel/Wand befestigt werden.

Für eine spielerische Variante, können die Zitate auch anders eingesetzt werden. In dieser Variante zeigt die Vorderseite der Ausdrucke nur das Zitat ohne die Jahreszahl sowie die Rückseite die entsprechenden Hintergrundinfos. Zu Beginn der Methode werden sie nicht chronologisch ausgestellt oder direkt verteilt. Zwei oder drei TNs erhalten nun ein Zitat und sollen es dann grob zeitlich einordnen. Bei der Vorstellung werden die Zitate in die chronologische Reihenfolge gebracht, im Anschluss an die Kleingruppen werden die Zitate entsprechend ihrer Einschätzung in der Kleingruppe beispielsweise an einer Wäscheleine angebracht. Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen können vorher einige Jahreszahlen an die Leine gehangen werden. Bei dieser Variante kann zusätlich auf den Pool an Reflektionsfragen aus dem regulären Ablauf zurückgegriffen werden.

Durchführung digital

Bei einer digitalen Durchführung der Methode, ergeben sich folgende Änderungen:

• Es werden ein Online-Konferenzraum + Break-Out-Räume benötigt.

• Alle ausgewählten Karten müssen vorab in einem Dokument zusammengefügt werden. Zitate und Hintergründe sind hier auf einer einzigen Seite zusammengeführt. Das Dokument enthält Seitenzahlen.

• TN erhalten individuell Zugriff auf das Dokument und haben ca. 5-15 Minuten Zeit (je nach Anzahl der Karten), um sich eine Übersicht über die Karten zu verschaffen.

• Es werden Break-Out-Räume eröffnet, denen sich die TN selbstständig zuordnen können. Die TN ordnen sich entsprechend der Seitenzahl der Karte zu, die sie ausgewählt haben.

• Die TN schauen sich sowohl das Zitat/Ereignis als auch die Hintergrundinformationen an, bevor sie das erste Mal über die Leitfragen in Austausch kommen.

• Die Leitfragen müssen den TN zugänglich gemacht werden, bevor diese in Break-Out-Räume gehen. Dies kann beispielsweise durch den Chat geschehen.

Tipps und Hinweise für Anleitende

Content Note: Je nach den individuellen Vor-Erfahrungen und Lebensgeschichten der TN, können vor allem Zitate/Ereignisse, die mit struktureller Diskriminierung in Verbindung stehen, starke Emotionen auslösen. Daher ist es ratsam, TN selbst zu überlassen, mit welcher Karte sie sich beschäftigen möchten. Zusätzlich kann die anleitende Person den TN zu Anfang die Möglichkeit eröffnen, sich auch herausziehen zu können oder auf die Anleitenden zuzugehen.

Die Methode wurde bewusst so umgestaltet, dass eine chronologische Geschichtserzählung nicht mehr im Mittelpunkt steht. Es ist möglich, dass durch die Arbeit mit der Variante oder durch Beiträge von TN die Fokussierung auf Jahreszahlen und Kausalität, angeblich universell „bedeutende“ Geschichtsereignisse und eurozentrische Perspektiven stärker präsent werden. Dann ist es sinnvoll und wichtig, eine kritische Perspektive auf ein westlich geprägtes lineares Zeitverständnis und damit in Zusammenhang stehende globale Macht- und Ungleichheitsverhältnisse einzubringen, sowie über die Existenz und Bedeutung nichtlinearer Zeitverständnisse zu sprechen. Ein interessantes Interview, in dem neben anderen Aspekten des kolonialen Erbes auch die Rolle eines westlichen Zeitverständnisses angesprochen wird findet ihr hier.

Die Übung erfordert von der anleitenden Person gewisse Vorkenntnisse, die (auch) aus der Zitatsammlung entnommen werden können. Dauer und Ausführlichkeit der Übung sollten der Konzentrationsfähigkeit der Gruppe angepasst werden. Hierzu können Ereignisse/ Zitate weggelassen oder weitere hinzugefügt werden, die Kleingruppe kann beispielsweise sofort beide Seiten angucken, einzelne Leitfragen können weggelassen oder weitere hinzugefügt werden, der Blick auf die verbliebenen Zitate kann weggelassen werden.

Die anleitende Person kann die Kleingruppen in ihrer Arbeit mit den Zitaten und Ereignissen bei Bedarf unterstützen.

Möglichkeiten zur Weiterarbeit

Im Idealfall wird mit dem Thema weitergearbeitet, das am meisten diskutiert wurde oder bei dem sich die größten Lücken aufgetan haben. Möglicherweise hilfreiche Methoden:

– Zur Weiterarbeit zu technischen Scheinlösungen für die Klimakrise: „(K)eine Lösung für die Klimakrise“

– Zur Weiterarbeit zur Rolle und Funktionsweise von Plattformen im digitalisierten Kapitalismus: „Let’s make money!“

– Zur Rolle von Reboundeffekten in der Digitalisierung: „Rebound-Comics digitale Technik“