Der zufriedene Fischer

Ein philosophisches Gespräch zum Thema Arbeit

Die Teilnehmer_innen lesen Heinrich Bölls Kurzgeschichte „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ und führen anschließend ein philosophisches Gespräch zu der Frage: Warum arbeiten wir? Das philosophische Gespräch ist ein wertungsfreier und ergebnisoffener Raum, in dem Fragen aufgeworfen und reflektiert werden.

Arbeitsmaterial zum Download:
Kapitel 3_Der zufriedene Fischer_Mindmap

Vorbereitung

Im Raum wird ein Stuhlkreis aufgebaut. Die Mitte kann mit Tüchern, einer Blume oder Kerze einladend gestaltet werden.

Das Mindmap (siehe Material) ist eine Unterstützung, um die Bandbreite der Frage zu überblicken. Als Vorbereitung kann die/der Teamer_in das Mindmap mit eigenen spontanen Ideen und Assoziationen ergänzen, um das Thema für sich zu durchleuchten. Es dient als Orientierung und ist nicht dazu gedacht, im Gespräch abgearbeitet zu werden. Das Gespräch kann sich in eine andere Richtung entwickeln und das Feld des Mindmaps verlassen. Wenn das Gespräch aber zu weit von der eigentlichen Fragestellung abschweift, hilft das Mindmap, wieder in das Feld zurückzukehren und eine neue Richtung einzuschlagen. Für die abschließende Zusammenfassung durch die Gesprächsleitung sollte im Mindmap während des Gesprächs der Verlauf grob in Stichworten festgehalten werden.

Durchführung

1. Der Text wird (eventuell gemeinsam) vorgelesen. Als Überleitung zum Gespräch erzählt die/der Teamer_in:

„Der Fischer und der Tourist waren nicht allein. Unweit saß ein Fischerjunge, der Sohn des Nachbarn, der das Gespräch mitgehört hatte. Er wollte die beiden fragen, warum wir eigentlich arbeiten. Was glaubt ihr, was hätten der Fischer und der Tourist darauf geantwortet?“

Die visualisierte Frage wird in die Mitte gelegt.

2. Bei TN, die Gruppengespräche nicht gewohnt sind, kann hier zunächst eine Kleingruppenarbeit anschließen. In Kleingruppen überlegen die TN in 5 bis 10 Minuten, wie der Fischer oder der Tourist (jede Kleingruppe übernimmt nur eine Figur) diese Frage beantworten würden. Bei TN, die sich bei Gruppengesprächen sicher fühlen, beginnt das philosophische Gespräch direkt in der Gesamtgruppe, ohne Kleingruppenarbeit.

3. Die TN kommen wieder im Stuhlkreis zusammen und bevor das Gruppengespräch beginnt, werden die folgenden Gesprächsregeln kurz erklärt:

Es gibt einen Redeball – nur wer diesen Ball in der Hand hält, spricht. Die anderen hören gut zu und lassen die Person ausreden. Die Gesprächsleitung wirft den Ball einer Person zu. Wenn diese fertig ist, wirft sie den Ball zurück an die Leitung. In Gruppen mit Gesprächserfahrung können die TN sich den Ball auch direkt gegenseitig zuwerfen. Sie sollen dabei beachten, dass alle, die ein Zeichen geben, zu Wort kommen. Zusätzlich können gemeinsam weitere Gesprächsregeln vereinbart werden.

4. Die Ideen aus den Kleingruppen werden zusammengetragen und damit beginnt das Gespräch. Wenn die möglichen Positionen der Figuren erörtert wurden, können die TN gefragt werden, wie sie diese Frage aus ihrer Sicht beantworten würden, falls sie das nicht schon tun. Das Gespräch nimmt seinen Lauf (zur Rolle der/des Teamer_in dabei siehe Tipps für Teamer_innen).

Das Gespräch kann 30 bis maximal 60 Minuten dauern, je nachdem wie viel das Thema für die Gruppe hergibt. Das Ende des Gesprächs kann die/der Teamer_in setzen, indem eine Sanduhr in die Mitte gestellt wird. Wenn der Sand durchgelaufen ist (nach ca. 5 Minuten), wird das Gespräch beendet.

Auswertung

Am Ende fasst die/der Teamer_in das Gespräch kurz zusammen und bittet die TN um eine abschließende Blitzlichtrunde, in der die TN reihum folgende Frage beantworten (wer nichts mehr sagen möchte, kann den Ball auch weitergeben): „Was nimmst du für dich als Wichtigstes mit zu der Frage ‛Warum arbeiten wir’?“

Das Gespräch wird anschließend mit einer Daumenrunde ausgewertet. Hierfür schließen alle TN die Augen und strecken ihre Faust nach vorne. Wenn sie die folgenden Auswertungsfragen für sich mit ja beantworten, strecken sie den Daumen nach oben (Daumen hoch), wenn sie sie mit nein beantworten, halten sie den Daumen nach unten (Daumen runter). Sie können mit dem Daumen aber auch einen Mittelwert anzeigen. Nacheinander werden folgende Auswertungsfragen genannt:

  • Konntest du gut zuhören?

  • Hast du das Gefühl, dir wurde zugehört?

  • Konntest du dich auf deine Art und Weise beteiligen?

  • Hast du dich in der Gruppe wohl gefühlt?

  • Hast du dich angestrengt beim Nachdenken?

  • Hast du Neues gehört oder gedacht?

  • War es für dich interessant?

Die Übung kann hier beendet werden. Möglich ist aber auch eine praktische Anwendung der Erkenntnisse, z.B. in Form von Kleingruppenarbeit zu den Fragen:

  • Was sind die wichtigsten Kriterien für eure eigene Arbeit?

  • Wie könnt ihr diese Ideen im Kleinen ab sofort umsetzen?

Varianten

Alternativ kann ein Kurzfilm zu Heinrich Bölls Erzählung gezeigt werden: <http://www.youtube.com/watch?v=Ay-4XlefdLM>.

Philosophische Gespräche bieten sich für eine Vielzahl von Fragen rund um die Themen dieses Methodensets an. Mehr Informationen zum Aufbau philosophischer Gespräche gibt es in dem Buch „Wie wollen wir leben? Kinder philosophieren über Nachhaltigkeit“ (siehe Literaturliste).

Tipps für Teamer_innen

Die Rolle der Gesprächsleitung ist sehr wichtig. Die/der Teamer_in gibt den Einstieg und die philosophische Frage vor und achtet darauf, dass die vereinbarten Gesprächsregeln eingehalten werden. Entscheidend ist die Gesprächshaltung der/des Teamer_in. Beim Philosophieren geht es nicht um das Erreichen eines bestimmten Lernziels, sondern um das wirkliche Interesse an einer Fragestellung. Die Gesprächsleitung liefert keine inhaltlichen Beiträge, um die Aussagen nicht bewusst oder unbewusst zu werten. Der Verlauf des Gesprächs wird so weit wie möglich den TN überlassen. Um den Erkenntnisgewinn der Gruppe zu unterstützen, fasst die Leitung immer wieder die verschiedenen Gedanken zusammen und stellt Bezüge unter den Beiträgen her, indem z.B. gefragt wird, wie zwei Aussagen zusammenhängen oder was die anderen dazu denken. Die Leitung kann auf Widersprüche aufmerksam machen und bei unverständlichen Aussagen nachhaken oder in die Gruppe fragen, ob jemand den Gedanken mit anderen Worten erklären kann. Die Leitung regt dazu an, Meinungen zu begründen, Beispiele zu nennen, Behauptungen zu hinterfragen und Aussagen zu differenzieren. Sie kann auch provokante Rückfragen einwerfen, jedoch ohne eigene Positionierung. Wenn das Gespräch stockt, kann die Leitung neue Impulsfragen einwerfen, achtet dabei jedoch darauf, dass das Gespräch nicht von Thema zu Thema springt, sondern der einzelne Punkt wirklich genau geklärt wird. Impulsfragen sollten nicht eindeutig zu beantworten sein, sie sollten den Kern einer Sache ergründen, nach Bedeutung und Sinn fragen und ergebnisoffen gestaltet sein.

Möglichkeiten zur Weiterarbeit

Im Anschluss kann mit der Methode „Die 20-Stunden-Woche“ (Kapitel 5) ein Arbeitsmodell unter die Lupe genommen werden.

Es kann auch näher auf den Zusammenhang von Wohlstand und Wachstum eingegangen werden. Dazu eignet sich beispielsweise der Film „Monitor: Besser statt mehr“ (Kapitel 1). Es können aber auch – anknüpfend an die Visionen des Touristen – die ökologischen Grenzen wachstumsbasierter Wohlstandvorstellungen thematisiert werden.