Buen Vivir

Eine philosophische Textarbeit zum Guten Leben

Anhand von Textauszügen setzen sich die Teilnehmenden in dieser Methode mit dem Ansatz des „Buen Vivir“, des „Guten Lebens“, aus Bolivien und Ecuador auseinander. Dazu erarbeiten sie in Kleingruppen die unterschiedlichen Aspekte der Philosophie und Praxis des „Buen Vivir“ und stellen diese anschließend der Gesamtgruppe vor.

Arbeitsmaterial zum Download:
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Hintergrund

In Lateinamerika (und anderswo) schlagen angesichts der Krise des westlichen Modells immer mehr Menschen, soziale Bewegungen und auch Regierungen eine neue Philosophie vor: Um einen wirklich nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt zu schaffen, darf wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr vor Umweltschutz und sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit stehen. Dabei beziehen sie sich unter anderem auf traditionelle indigene Konzepte wie das des „Buen Vivir“. Der Ansatz des „Guten Lebens“ beschreibt die philosophischen Grundlagen eines nachhaltigen Lebens für alle im Einklang mit Natur und Umwelt. Dabei wird den Menschen und den Interessen der Natur Vorrang vor wirtschaftlicher Entwicklung und Reichtum für einige Wenige eingeräumt. Der Ansatz steht im Kontext der indigenen Traditionen, aber auch der jüngeren Abkehr vom westlichen Entwicklungsdenken durch verschiedene soziale Bewegungen in Lateinamerika. Die Vorstellung eines „Guten Lebens“ wird mittlerweile von vielen gesellschaftlichen Akteur_innen aufgegriffen und neu gedacht. In Bolivien und Ecuador hat das Konzept bereits Eingang in die neuen Verfassungen gefunden und soll politisch handlungsanleitend werden. In Deutschland und Europa stößt der Ansatz des „Buen Vivir“ auf großes Interesse und es stellt sich die Frage, was wir hier, für unsere auf Wohlstand und Wachstum orientierten Gesellschaften, davon lernen können.

Vorbereitung

Die Texte werden in ausreichender Anzahl ausgedruckt.

Durchführung

1. Als Einstieg sollte kurz der Begriff des „Buen Vivir“ eingeführt, übersetzt und erklärt werden, damit die Teilnehmenden ein Grundverständnis des Konzepts haben, mit dem sie an die Texte herangehen können (Hintergrundinformationen siehe Tipps für Teamer_innen).

Anschließend wird die Gesamtgruppe in Kleingruppen eingeteilt:

  • Gruppe 1: Was wird unter „Buen Vivir“ alles verstanden?
  • Gruppe 2: Was sind die indigenen Traditionen und Wurzeln des Konzepts „Buen Vivir“?
  • Gruppe 3: Wie sieht das Konzept des „Buen Vivir“ die Umwelt und die Natur?
  • Gruppe 4: Wie äußert sich das „Buen Vivir“ in den Verfassungen Boliviens und Ecuadors?
  • Gruppe 5: Was kritisiert das Konzept des „Buen Vivir“ an den westlichen Vorstellungen von „Entwicklung“?

2. Jede Gruppe erhält nun genug Arbeitsblätter mit verschiedenen Textpassagen aus Artikeln, Interviews, Sachtexten und Blogeinträgen. Die TN haben dann etwa 20 Minuten Zeit, sich mit Hilfe der Arbeitsblätter mit dem Konzept des Buen Vivir auseinanderzusetzen, Verständnisfragen zum Text zu klären und die genannten Aspekte in Stichworten auf Moderationskarten festzuhalten. Als Leitfrage dient die jeweilige Frage der Gruppe.

3. Die Ergebnisse werden dann in einem Mindmap zum Buen Vivir zusammengetragen. Die Teilnehmenden sitzen im Kreis, in die Mitte wird eine Moderationskarte gelegt, auf der “Buen Vivir” steht. Die verschiedenen Gruppen legen nun nach und nach die von ihnen beschriebenen Karten dazu und erläutern diese.

Auswertung

Nach der Präsentation der Kleingruppen werden offene Fragen geklärt. Eine anschließende Reflexion kann anhand folgender Fragen verlaufen:

  • Was sind eure Gedanken zum Konzept des „Buen Vivir“?
  • Erscheint euch eine Übertragung auf die Lebensrealität hier in Deutschland und Europa möglich und sinnvoll?
  • Welche Unterschiede seht ihr?

Diese Methode haben wir mit freundlicher Genehmigung des Informationsbüro Nicaragua aus dem Methodenheft „Bildungslabor Lateinamerika“ übernommen und angepasst. (<http://www.informationsbuero-nicaragua.org>).

Varianten

Die Textausschnitte für die Gruppe 5 sind etwas anspruchsvoller als die anderen – bei Gruppen, die mit dem Thema weniger vertraut sind, kann die Kleingruppe 5 daher auch weggelassen werden.

Tipps für Teamer_innen

Die Arbeitstexte bewegen sich – wie viele Texte zum Buen Vivir – sehr stark auf einer konzeptionellen, philosophischen Ebene. Das hat bei vielen Gruppen zur Folge, dass mehr Fragen – z.B. zu konkreten Umsetzungsformen von Buen Vivir – aufgeworfen werden als Antworten zur Verfügung stehen. Es ist deshalb wichtig, auf den philosophischen und rudimentären Charakter der Texte hinzuweisen und dazu zu ermutigen, sich von den Gedankenbausteinen anregen zu lassen, auch wenn vieles offen bleibt.

Es macht zugleich Sinn, sich als Teamende_r vorher intensiver mit dem Buen Vivir auseinanderzusetzen, um die aufkommenden Aspekte und Fragen einordnen zu können. Dazu bieten sich folgende kostenlosen Publikationen an: http://www.boell.de/de/content/buen-vivir-recht-auf-gutes-leben

http://www.rosalux.de/publication/38264/buen-vivir.html

Darüber hinaus gibt es noch ausführlichere Vorschläge zur Einbettung von Buen Vivir in die Bildungsarbeit, neben dem Informationsbüro Nicaragua z.B. auch beim Welthaus Bielefeld: http://www.modellschulen-globales-lernen.de/bildungsangebote/realschule/